06.06.2008 12:01Das abenteuerliche Leben der legendären Floitenschlagstaude aus dem Zillertal
wird diesen Sommer in einem Theaterstück nacherzählt. Wie sie sich auf einer
einsamen Hütte hoch oben in den Bergen allein mit ihren Kindern durchkämpfte,
von der Wilderei lebte und die Obrigkeit so manches Mal austrickste, erlebt man ab
dem 13. Juli in Ginzling, wo eigens eine Bühne unter freiem Himmel ganz nah bei
den Originalschauplätzen gebaut wird. Wem das Zuschauen nicht genug ist, hat
auf einer geführten Tour zum Floitenschlag inklusive Lesung und „Wilderer-Jause“
die Möglichkeit, das Leben von damals hautnah nach zu empfinden.
Eine junge attraktive Frau, die allein mit ihren Kindern auf einer Almhütte in den Zillertaler Bergen lebte und sich bauernschlau mit der kargen Landwirtschaft und der Wilderei durchkämpfte. Das klingt vielleicht nach einem Stoff für einen rührseligen Heimatfilm, aber danach ist den Initiatoren des Theaterstücks über das Leben der Floitenschlagstaude ganz und gar nicht. Das Leben der berühmtesten Wildschützin Tirols
war fern von aller Romantik und Gefühlsduselei. Es war ein harter Überlebenskampf, geprägt von vielen Schicksalsschlägen und Lebensängsten, von der bemerkenswerten Energie und dem Selbstbewusstsein einer ungewöhnlichen Frau. Erstaunlich dabei ist, dass das Leben der Floitenschlagstaude bei den Einheimischen zwar bekannt und geschätzt ist, die Urlaubsgäste jedoch von dieser eindrucksvollen Geschichte
üblicherweise nichts wissen.
Das Leben der Floitenschlagstaude
Geboren ist die Floitenschlagstaude, die bürgerlich Elisabeth Lackner hieß, im Jahr 1845 als letztes von acht Kindern. Das Leben auf der Floitenschlaghütte auf 1.436 Meter Höhe in einem kleinen Seitental bei Ginzling war von Entbehrungen geprägt. Es wurden
Kartoffeln und Gerste angebaut, Beeren gesammelt und einige wenige Kühe, Ziegen und
Schweine gehalten. Kleider waren Mangelware, Schuhe wurden nur zur kalten Jahreszeit
getragen. Elisabeth war eine attraktive Frau, groß und schlank, mit schwarzem Haar und
dunklen Augen. Staude wurde sie genannt wegen ihrer hochgewachsenen, fast dürren
Erscheinung. Die Männer hatten ein Auge auf sie geworfen und sie war selbst nicht
immer abgeneigt.
Insgesamt neun Kinder brachte sie zur Welt, zwei uneheliche und die anderen zumindest
offiziell von ihrem wesentlich älteren Ehemann. Einige starben bald nach der Geburt,
andere wurden später Opfer der Diphterie oder stürzten in einer Felswand ab.
Die acht Tage alte Maria fiel aus dem Kinderbett und wurde vom Hausschwein gefressen
- so heißt es zumindest in der Überlieferung.
Von neun Kindern überlebten nur zwei
Das Wildern, für das sie das Handwerk von ihrem Vater lernte, war zum Überleben
notwendig. Vor allem als im Jahr 1888 ihr Ehemann starb und sie mit den übrig
gebliebenen Kindern allein stand. Dabei war die Staude mehr als einfallsreich und konnte
die Obrigkeit oftmals überlisten. Die Gendarmen führte sie regelmäßig an der Nase
herum. Weil sie rund um die Hütte Futter am Boden verstreute, konnte sie die Gämsen
oft vom Fensterbrett aus erlegen. Stolz war sie, die Staude, und zeigte ihre Trophäen
sogar auf Jagdschauen. Ihr Gewehr hat sie übrigens stets im Wald versteckt und das ist
bis heute nicht aufgetaucht, weshalb man es immer noch irgendwo im Unterholz
vermutet. Nach dem Verkauf ihrer Hütte zog sie mit ihren verbliebenen Söhnen Michl und
Sepp 1912 in einen Hof bei Ginzling. Dort verstarb sie im Jahr 1921 einsam und völlig
verarmt. Ihr Selbstbewusstsein und ihre Zähigkeit machten sie im Zillertal zu einer
legendären Persönlichkeit. Wahrscheinlich auch, weil viele Menschen im Tal den harten
Überlebenskampf aus eigener Erfahrung kannten. Vor allem in den Nachkriegsjahren
hatten die Frauen im Tal Großes zu leisten. Deshalb empfing die Geschichte der Staude
großes Verständnis in der Bevölkerung.
Die Realität im 19. und 20. Jahrhundert
Für Heinz Kröll, den Kulturreferenten von Mayrhofen, ist das Leben der
Floitenschlagstaude weit mehr als nur ein spektakuläres Einzelschicksal. „Was die
Floitenschlagstaude durchgemacht hat, das haben viele Frauen im Zillertal im 19. und
frühen 20. Jahrhundert erleben müssen. Nicht so extrem, aber dennoch mit vielen
Kämpfen und Enttäuschungen waren sie oft auf sich allein gestellt.“ Die
Lebensgeschichte der Floitenschlagstaude wurde vom Zillertaler Autor Wilhelm Hofer in
einem Buch dokumentiert, das die Grundlage für das Theaterstück bildet. Die
Bühnenfassung schrieb Martina Schwemberger von der Volksbühne Mayrhofen, die auch
die Hauptrolle spielen wird.
Authentische Geschichten an Originalschauplätzen
Das Drama in sieben Akten, bei dem neun Männer, vier Frauen und fünf Kinder von der
Volksbühne mitspielen, wird vom 13. Juli bis zum 24. August 2008 in 14 Aufführungen
gezeigt werden. Eine reale Geschichte vor realem Hintergrund.
Hier in Ginzling Dornauberg entsteht die Bühne mit bis zu 400 Plätzen am Dorfrand vor
einer großen Felswand - der einstigen Heimat der Staude zum Greifen nahe. „Die
Geschichte ist ja an Dramatik nicht mehr zu überbieten und behandelt das klassische
Thema von der starken Frau, die in eine Männerdomäne einbricht“, ist Martina
Schwemberger begeistert.
Rahmenprogramm mit Köstlichkeiten und Themenwanderungen
Die Zuschauer können sich freuen, denn das Theaterstück wird auch ein
gastronomisches Rahmenprogramm enthalten. Neben der Aufführung werden
traditionelle Zillertaler Spezialitäten wie Gamsknödel oder die beliebten Zillertaler Krapfen frisch serviert. So wird die Floitenschlagstaude mit allen Sinnen erlebt.
Besonderes Highlight: Zwischen Juni und September werden mehrere geführte
Themenwanderungen von Ginzling hinauf zur alten Hütte angeboten. Ein steiler Anstieg
auf einem schmalen Pfad führt zu dem wildromantischen Zufluchtsort. Dort angekommen
liest Autor Wilhelm Hofer persönlich aus seinem Buch „Floitenschlagstaude“ vor und bei
einer kleinen „Wilderer-Jause“ entsteht ein intensives Gefühl für die ungewöhnliche
Biographie.
Zu den Theater-Aufführungen bringen Shuttlebusse die Zuschauer von Mayrhofen bis
nach Ginzling. Befürchtungen, dass auswärtige Besucher den Zillertaler Dialekt nicht
verstehen würden, lässt Martina Schwemberger gar nicht erst aufkommen: “Natürlich wird
Dialekt gesprochen, aber er wird in einer moderaten Auslegung auch für Auswärtige
verständlich sein.“
Ort Mayrhofen
mit seinen Feriendörfern Hippach, Brandberg und Ginzling
Theaterstück Floitenschlagstaude
Ort in Ginzling, in der Nähe der Originalschauplätze
Rahmenprogramm - beliebte Spezialitäten der Zillertaler Küche - geführte Themenwanderungen
Dauer ca. 4 Stunden
Charakter teilweise steiler Steig mit knapp 500 m Höhenunterschied.
feste Bergschuhe unbedingt erforderlich!
Bustransfer
Einkehrmöglichkeit Gasthof Alt-Ginzling, Gasthaus Schwarzenstein, Café Alpenland
Anreise mit dem Auto von München ca. 1,5-2 h Stunden, 149 km mit der Bahn mit den Schnellzügen bis Bahnstation Jenbach.
Von dort noch 35 Kilometer mit der
Zillertalbahn nach Mayrhofen.
mit dem Flugzeug nahegelegene Flughäfen befinden sich in Innsbruck (65 km), Salzburg (170 km) und München (190 km).