30.10.2010 09:01Foto: Ort der Festveranstaltung, Travel Charme Kurhaus Binz
Festakt auf Rügen: Vorreiterrolle des Nordostens bei qualitativer und quantitativer Entwicklung hervorgehoben
Mecklenburg-Vorpommern hat sich innerhalb der vergangenen 20 Jahre zu einem gesamtdeutschen Reiseziel entwickelt, in dem eine Hälfte der Inlandsgäste aus den westdeutschen Bundesländern stammt und die andere Hälfte aus den ostdeutschen Ländern. "Die Tourismusentwicklung im Nordosten ist eine der großen Erfolgsgeschichtender deutschen Einheit", betonte Sylvia Bretschneider, Präsidentin des Landtages und des Landestourismusverbandes, im Rahmen der Festveranstaltung "20 Jahre Urlaubsland" im Ostseebad Binz auf der Insel Rügen.
"Das Urlaubsland Mecklenburg-Vorpommern hat das touristische Volumen innerhalb von nur zwei Jahrzehnten vervierfacht", sagte Jürgen Seidel, Minister für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus des Landes. "1990 gab es zwischen Ostsee und Seenplatte rund sieben Millionen Übernachtungen, 2009 waren es mehr als 28 Millionen. Die Region ist ein traditionsreicher Tourismusstandort, trotzdem war nach 1990 ein grundlegender Strukturwandelnotwendig." Dessen Dynamik habe in dieser Zeitspanne keine andere europäische Region erreicht. Mit mehr als fünf Milliarden Euro Jahresumsatz und mehr als 170.000 direkt oder indirekt Beschäftigten ist der Tourismus eine tragende Säule der Wirtschaft Mecklenburg-Vorpommerns.
Insgesamt wurden seit 1990 rund 370 Millionen Übernachtungen gezählt. Rund die Hälfte des Übernachtungszuwachses in Deutschland in den vergangenen zwei Jahrzehnten entfiel auf Mecklenburg-Vorpommern. "Damit ist Mecklenburg-Vorpommern die Lokomotive im Deutschlandtourismus, die speziell im Sommer alle anderen mitzieht", sagte Sylvia Bretschneider. Auch bei der Tourismusintensität, der Zahl der Übernachtungen im Verhältnis zur Einwohnerzahl, ist der Nordosten in Deutschland unangefochten vorn und zählt zudem zur europäischen Spitzengruppe. Für Mecklenburg-Vorpommern selbst sei der Tourismus der zentrale Imageträger und besäße eine hohe Bedeutung auch für die Wertschöpfung in anderen Bereichen. "Tourismus war und ist aber kein Selbstläufer, es gab trotz guter Voraussetzungen keine Garantie für das Gelingen der Mission", betonte die Präsidentin.
"Mecklenburg-Vorpommerns hat sich die Position als das beliebteste deutsche Sommerreiseziel erarbeitet", erklärte Jürgen Seidel. Daneben sei die von vielen Touristikern im Nordosten betriebene Saisonverlängerung auf einem guten Weg: "Zu Zeiten der DDR spielte das Winterhalbjahr mit zehn Prozent Anteil eine untergeordnete Rolle. Inzwischen werden zwischen November und April immerhin rund 23 Prozent aller Übernachtungen realisiert", so der Wirtschaftsminister. Die mit mehr als zehn Milliarden Euro aufgebaute Infrastruktur mit Wellness-Hotels und Erlebniszentren habe dazu stark beigetragen. "Bei der Förderung von Investitionen werden wir uns künftig auf die Infrastruktur, Innovationen und Modernisierungen sowie auf Angebote im ländlichen Raum konzentrieren", erklärte Seidel.
Vielfalt und Qualität als wesentliche Merkmale
Reinhard Meyer, Präsident des Deutschen Tourismusverbandes (DTV) unterstrich aus Anlass des Tourismusjubiläums in Mecklenburg-Vorpommern die Vielfalt zwischen modernen Campingplätzen und Spitzenhotellerie sowie die Bemühungen um eine hohe Qualität der Angebote: "Mecklenburg-Vorpommern ist Vorreiter im Bereich Qualität. Der Nordosten hat viele Qualitätssysteme entwickelt und platziert und kann zurzeit mit der Villa ‚La Mer’ in Groß Schwansee zum Beispiel die am höchsten klassifizierte Ferienwohnung in Deutschland vorweisen." Meyer betonte überdies, dass das Urlaubsland häufig seine Innovationsfähigkeit unter Beweis gestellt habe: "Ob mit der Waldaktie, den Gute-Nacht-Geschichten oder in diesem Jahr mit dem Wanderprojekt der beiden Schauspieler Axel Prahl und Jan Josef Liefers - bereits mehrfach ist Mecklenburg-Vorpommern für den Deutschen Tourismuspreis nominiert worden, der vom DTV ausgelobt wird." Es sei richtig, immer wieder neue Aspekte herauszustellen, wie derzeit etwa den Gesundheitstourismus.
2010 zweitbestes Jahr / Potenzial bis 35 Millionen Übernachtungen vorhanden
Für dieses Jahr zeichnet sich ein leicht schlechteres Ergebnis als im touristischen Rekord- und Buga-Jahr 2009 ab. "Wir rechnen mit zwei bis drei Prozent Rückgang bei den Übernachtungen, was zugleich die Aussicht auf das zweitbeste Jahr nach 1990 bringt", sagte Minister Seidel. 2009 sei als Ausnahmejahr zu betrachten, in dem viele günstige Einflüsse und Faktoren zusammentrafen. Einen Automatismus jährlicher Steigerungen der Übernachtungszahlen wird es nach Expertenmeinungen in Mecklenburg-Vorpommern nicht mehr geben, jedoch durchaus gute Chancen für weiteres Wachstum. Es werde in naher Zukunft mit Hilfe von Zuwächsen außerhalb der Hauptsaison möglich sein, dass Ergebnis von 2009 zu erreichen bzw. zu übertreffen, prognostizierte Sylvia Bretschneider. "Wichtiger aber ist der qualitative Ausbau. Der Erneuerungsdruck in der Branche ist hoch, und auch Wettbewerber wie Polen werden sich in den kommenden Jahren immer stärker präsentieren", erklärte sie. Die Bettenzahl wird innerhalb der kommenden 20 Jahre von derzeit rund 180.000 auf voraussichtlich mehr als 200.000 Betten steigen. Bei einem angenommenen durchschnittlichen Wachstum der Übernachtungszahlenvon rund einem Prozent pro Jahr, sind bis 2030 bis zu 35 Millionen Übernachtungen möglich. Besonders hohe Potenziale, um neue Gäste zu gewinnen, liegen inzwischen in Bundesländern wie Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg sowie Bayern oder in Ländern wie den Niederlanden oder der Schweiz. "In diesen Märkten müssen wir noch bekannter werden, noch mehr Sehnsüchte wecken und vor allem gute Anreisemöglichkeiten erhalten oder schaffen", forderte Jürgen Seidel.
Marke Urlaubsland gut platziert / Kommunikationskonzept ausgeschrieben
Einer Reihe von Untersuchungen zufolge gilt die Marke Urlaubsland Mecklenburg-Vorpommern als gut entwickelt und als eine der stärksten deutschlandweit. Sowohl der Name Mecklenburg-Vorpommern als auch einzelne Regionen wie Rügen, Usedom, Fischland-Darß-Zingst, die Mecklenburgische Ostseeküste sowie die Seenplatte werden im deutschsprachigen Raum stark mit Urlaubsmöglichkeiten in Verbindung gebracht. Ein derzeit vom Tourismusverband ausgeschriebenes Kommunikationskonzept soll auf Basis der neuen Tourismuskonzeption des Landes dabei helfen, in den Jahren 2012 bis 2022 mit noch wirkungsvolleren und noch besser wiederzuerkennenden Botschaften, Bildern und Emotionen zu werben.
Herausforderungen: Demografie, Fachkräfte, Wettbewerber
Als große Herausforderungen für den Tourismus im Nordosten nannten Sylvia Bretschneider und Jürgen Seidel die demografische Entwicklung und damit verbunden die Fachkräfteproblematik innerhalb der Branche. Auch die Verkehrssituation ist in einigen Bereichen des Landes problematisch. Zudem ist bei knapper werdenden Mitteln eine noch engere Zusammenarbeit zwischen Akteuren und Institutionen geboten, die in einzelnen Fällen auch bis zum Zusammenschluss von Strukturen gehen kann. Angesichts der langfristig abnehmenden deutschen Reisbevölkerung muss Mecklenburg-Vorpommern zudem international besser punkten, so die einhellige Meinung von Minister und Verbandspräsidentin.