31.01.2013 15:26Der Anblick eines Wattführers löst mitunter Staunen aus. „Das sieht ja aus wie eine Bergsteigerausrüstung“, hat Wolfgang Gedat schon des Öfteren gehört, wenn er beladen mit einem Feldstecher, einem Kompass, Tupperpott, Sieb, Seil und allerlei weiterem Zubehör auf der Deichkrone ankommt. Gedat und seine Gäste zieht es jedoch nicht in die Höhe. Im Gegenteil, sie bleiben konstant auf und knapp unter Normalnull. Ziel ihrer Wanderungen ist das Weltnaturerbe Wattenmeer.
Bild: Wattwanderung Wangerland
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Spielt das Wetter mit, sind Gedat und seine Wattführerkollegen im Wangerland vom Frühjahr bis weit in den Herbst hinein täglich von Schillig aus unterwegs. Auf ihren Ausflügen erfahren Gäste dabei Details zur Entstehungsgeschichte dieses einmaligen Lebensraumes vor der Küste, hören skurrile Geschichten zu seinen Bewohnern und spüren hautnah, was es bedeutet, sich im Rhythmus von Ebbe und Flut zu bewegen. Die Titel der Expeditionen sind so vielschichtig wie die Wanderungen selbst. Wer ein paar Stunden Zeit mitbringt, wandelt „Auf den Spuren der Vögel“. Kürzer, aber auch emotionaler sind die „Lyrische Abendwanderung in den Sonnenuntergang“ oder das Angebot „Stille im Watt“. Wer es lieber sportlich mag, wandert mit Nordic Walking-Stöcken bis zur Minsener Oog. Und selbst eine Gehbehinderung hält die Gäste im Wangerland nicht von einem Ausflug in den Nationalpark ab. Ein Wattmobil mit großen Reifen steht bereit und ermöglicht eindrucksvolle Erlebnisse im Reich der Muscheln und Priele.
Bevor die Gruppen das Festland verlassen, versammeln sie sich noch einmal im Schutz der Dünen. Mit Blick auf den Schlick erklärt Gedat seinen Gästen, welche Dynamik in dieser nur scheinbar so ruhigen Landschaft steckt. Wind und Wellen formen jederzeit an ihrer Gestalt.
Spätestens beim ersten Zwischenstopp im Wattenmeer wird dann auch klar, warum Wattführer bei ihren Ausflügen so schwer beladen sind. Nach und nach kommt fast jedes Utensil der Ausrüstung zur Anwendung. Da wird mit dem Sieb der Sand gefiltert, mit der Forke nach Würmern gegraben und unter der Lupe nach kleinsten Spuren gesucht. Immer wieder drängen sich die Hobbybiologen im Kreis um Gedat und stecken die Köpfe interessiert zusammen. Am Himmel kreischen die Möwen und Austernfischer.
Mitunter wandern einige der Algen und Kleinstlebewesen wie Schlickkrebse in wasserdichte Behälter. Zurück am Festland, können sie in Schillig sprichwörtlich unter die Lupe genommen werden. Hier, gut geschützt hinter einem Deich, steht seit dem vergangenen Jahr eine Forschungsstation, die in den Ferienzeiten regelmäßig geöffnet hat. Kinder, aber auch Erwachsene, sind willkommen und können mehr über das Leben auf dem Meeresgrund erfahren. Größere Gruppen haben die Möglichkeit sich im Vorfeld anzumelden, um in aller Ruhe Mitbringsel aus dem Wattenmeer unter dem Mikroskop zu erforschen.
Wer die neuen Erkenntnisse dann weiter vertiefen möchte, wird im gut fünf Kilometer entfernten Minsen fündig. Im Nationalpark-Haus Wangerland zeigen Leiter Ralf Sinning und sein Team in einer sehenswerten Ausstellung die Vielfalt des Nationalparks, der seit 2009 auch als UNESCO Weltnaturerbe anerkannt ist. Anhand von Aquarien, Modellen, Seminaren und weiteren Expeditionen erhalten Gäste einen umfassenden Einblick in diesen faszinierenden Lebensraum vor der wangerländischen Küste.