Christian Friedrich Ludwig Buschmann Der große Sohn von Friedrichroda - Lebenslauf14.05.2007 17:59 Christian Friedrich Ludwig Buschmann (1805 – 1864)
Lebenslauf
1805 in Friedrichroda geboren
Die Ahnen von Friedrich Buschmann
1631 – 1705 Joachim Buschmann vom Erzgebirge nach Gospiteroda
1666 – 1738 Johann Georg Buschmann
von Gospiteroda nach Waltershausen
Glaser, Stadtmusikant und Türmer
1702 – 1752 Johann David Buschmann
in Waltershausen
Posamentierer (Kunsthandwerk)
1739 – 1802 Johann David Buschmann
von Waltershausen nach Friedrichroda
Posamentierer
Der Vater von Friedrich: Johann David Buschmann
1775 geboren in Friedrichroda
Instrumentenbauer – Erfinder des Tasteninstruments Terpodion
Terpodion (Labesang): Dieses Instrument, dessen innerer Bau weder
aus Saiten, noch Pfeifen, sondern aus bloßen
Holz-Stäben bestehet, die durch Reibung
vermittelst eines Splinders in Fibration
gesetzt werden, hat eine Klaviatur mit einem Umfange von 5 ½ Octaven, und vereinigt alles
in sich, was Flöte, Kiar..., Fagott, Violon und
Aeols-Harfe u.s.w. Schönes und Angenehmes
haben.
1812 Tod der Mutter – Grab auf dem ehemaligen Kirchhof Friedrichroda
Schulzeit Friedrichs
Bereits als Schuljunge half er mit beim Instrumentenbau in der
Werkstatt des Vaters.
Klavierunterricht bei Organist Möller
1821 Verlegung der Werkstatt von Friedrichroda nach Berlin
Der Bruder von Friedrich: Eduard Buschmann
1803 geboren in Friedrichroda
1848 – 1849 Bürgermeister von Friedrichroda
Die Revolution des Jahres 1848 ging auch in Friedrichroda
nicht spurlos vorüber.
Es kam zu Straßentumulten und stürmischen Bürger-Versammlungen.
Anstelle des alteingesessenen Bürgermeisters wurde der revolutionär
gesinnte EDUARD BUSCHMANN zum Stadtoberhaupt gewählt.
Dieser setzte sich ein für die unteren Schichten der Bevölkerung
und hatte neue Ideen und Pläne.
Er betrieb im Kesselgraben ein Kobalt-Bergwerk.
Zur Behebung der Wassernot wollte er artesische Brunnen bohren
lassen.
Wegen einer unvorsichtigen politischen Bemerkung mußte er nach
einjähriger Amtszeit abtreten.
Er wanderte aus nach Südamerika, wo er 1877 auf dem von ihm
geschaffenen großen Landgut starb.
1821 England-Reise
Sechs Monate langer Aufenthalt Friedrichs mit
dem Vater in London.
Sogar dem englischen König wird das Terpodion
vorgestellt.
Der 16-jährige Friedrich schreibt aus England:
Lieber Bruder! London, den 16. Julius 1821.
Von Euch hört man gar nichts mehr, mein Vater und ich
leben deshalb in lauter sorge, wir können nicht mehr schlafen,
mein Vater schließt daraus, daß wieder jemand gestorben
wäre. Wir haben von hier aus 2 Briefe weggeschickt, den
letzten durch Herrn Timm aus Waltershausen und keiner ist
beantwortet worden, weshalb wir sehr gebeten haben. Viel-
leicht hast Du geglaubt, weil wir geschrieben, wir könn-
ten von hier vielleicht bald abreisen und daß uns Dein
Brief nachher nicht mehr treffen würde. Anfangs glaubten
wir freylich auch nicht, daß wir hier so lange bleiben
müßten, ehe wir unsern Endzweck erreichten. Die Ursache
ist aber, daß wir nicht gerne unter 2000 Pfund in der
Tasche zu haben von hier abreisen wollen, was uns auch
Wohl noch gelingen wird, nur geht es hier nicht so geschwinde.
Den 19. ist hier die Königs-Krönung. Du würdest erstaunen,
wenn Du hier die Anstalten mit ansehen könntest, es
thut mir sehr leid, daß Du nicht mit hier bist. Es stehen
50 000 Soldaten um London herum, damit diese, wenn es
Unfug gibt, sogleich bey der Hand sind.
Vor 8 Tagen wurden 6 Engländer gehängt und zwar mit der
Maschine auf die bequemste Art, es ging so geschwind,
daß sie in einer Minute alle zugleich weg waren. Alle
Monate ist eine solche Execution, und bei dieser Gelegenheit
wird am mehrsten gestohlen. Meinem Vater haben die
Pickpacker auch schon ein ganz neues seidenes Taschentuch
herausgezogen.
Ich bitte Dich nochmals, uns mit nächster Post zu schreiben,
damit wir wissen, woran wir sind und bin unter
vielen Compl. an meine Schwester Austgen und alle im Hause
Dein aufrichtiger Bruder Ch.F.L. Buschmann.
1821 – 1827 Berlin.
Friedrich arbeitet ganz selbständig
in der Berliner Werkstatt.
Er baut vor allem TERPODIONS, die er mit viel Geschick ver-
bessert. Dabei erreicht er eine solche Fertigkeit, daß er imstande ist, innerhalb eines Monats ein Terpodion zu liefern.
Selbst der Vater äußert sich in Briefen lobend darüber. Dieser ist mit dem älteren Sohn ständig auf Reisen, um für den Unterhalt zu
sorgen. Das Instrument wird in Konzerten vorgeführt, um es
bekannt zu machen und es dann schließlich zu verkaufen.
Nebenher experimentiert Friedrich schon als Sechzehnjähriger
mit Metallzungen. Es gelingt ihm, kleine neuartige Instrumente zu
entwickeln: Zunächst die AURA oder MUNDÄOLINE, dann durch
Hinzufügen eines ausziehbaren gefalteten Lederbalgs die
HANDÄOLINE. Durch weitere Verbesserungen entsteht noch die
sogenannte CONCERTINA.
Erste Erfindungen:
„Aura“ oder „Mundäoline“ (1821)
(Vorläufer der Mundharmonika)
„Handäoline“ (1822)
(Vorbild der Handharmonika)
„Concertina“
(verbesserte Handäoline)
Diese Erfindungen dienten zunächst nur zum Stimmen der
Tasteninstrumente.
November – Febr.
1827 / 1828 Konzertreise der Brüder Eduard und Friedrich
Durch Norddeutschland mit eigenem Pferd und Wagen und
Terpodion.
Tagebuchaufzeichnungen berichten davon.
Hauptereignis:
Friedrichs erste Begegnung mit seiner zukünftigen
Frau Sophie, Tochter des Organisten und Komponisten
Adam Valentin Volkmar in Rinteln an der Weser.
In den folgenden Jahren hielt sich Friedrich häufig in
Rinteln auf. Auch Joh. David Buschmann lebte und arbeitete dort zeitweise.
1828 Friedrich mit dem Vater auf Reisen
Von Rinteln aus durch Westdeutschland.
Auf dem Terpodion wurden meist vierhändige
Stücke vorgetragen bei den Konzerten in
vielen Städten.
Der junge geniale Instrumentenbauer war selbst auf den Konzertreisen so
Erfüllt von seinen Ideen, daß er an den Erfindungen weiterarbeitete.
Mundharmonika
Auch habe ich in Barmen ein neues Instrument erfunden, welches wirklich merkwürdig ist; das Ding habe ich nur 4 Zoll im Durchmesser und auch so hoch, habe aber 21 Töne darauf und piano und crescendo und wie Du nur spielen willst darauf und ohne Claviatur und kann Harmonien von 6 Tönen darauf angeben, Läufer und alles und kann den Ton halten, solange man
Lust hat. Dies Instrument habe ich zu dem Zweck erfunden, um bei unserem Instrument (gemeint ist das Terpodion) das Akompagnieren auf dem kleinen Dinge die Singstimme zu spielen, welches wahrhaftig einen herrlichen Effekt machen muß.
(Aus einem Brief an Bruder Eduard)
1830 – 1833 Umzug von Berlin nach Hamburg.
Friedrich legt den Treu-Eid ab, wird dadurch Hamburger Bürger und darf sein Gewerbe in dieser Stadt betreiben.
1831 / 1832 Zwischendurch rege Konzert-Tätigkeit
Vom hohen Norden bis in den äussersten
Süden Deutschlands.
Bei den Konzerten wurden meistens einheimische Instrumentalisten oder Sänger der jeweiligen Stadt mit einbezogen, manchmal
auch Schauspieler mit Gedichtvortrag oder kleinem Theaterstück.
1833 Hochzeit Friedrich Sophie
1833 Erste Konzertreise des neu vermählten Paares
Dänemark, Schweden, Norwegen
Konzert-Reisen von Ehepaar Buschmann
1834 Holland 1835 Österreich
1837 Endgültige Gründung des Hausstands in Hamburg.
Die Familie vergrössert sich.
Friedrich baut eine sichere Existenz auf.
Vater Joh. David hilft ihm dabei.
1838 – 1840 Erweiterung des Betriebes
Durch Friedrichs grossen Fleiss und
Anstellung von Gehilfen.
Eigene Fabrikation und Weiterentwicklung der
METALLZUNGEN-INSTRUMENTE von der
kleinsten bis zur größten Ausführung, zum Beispiel:
PHYSHARMONIKA, eine Vorstufe des Harmoniums.
1838
Verleihung der großen goldenen Medaille bei der
Hamburger Kunst- und Gewerbeausstellung für eine
Physharmonika mit eingebautem Terpodion.
Leider ist dieses wertvolle Instrument durch den großen Hamburger Brand im Jahre 1842 vernichtet worden.
Man hat heute keine genaue Vorstellung mehr vom Aussehen und Klang der verschiedenartigen Zungeninstrumente, die Friedrich Buschmann entwickelt hat.
1841 Letzte Konzertreise: London
Königin Victoria und Prinzgemahl Albert
empfangen das Künstlerpaar.
Friedrich und Sophie fahren samt Terpodion mit einem Dampfschiff nach England, wo sie sich acht Wochen lang aufhalten.
Das Königspaar findet Wohlgefallen an dem Instrument, spielt selbst darauf vierhändig und erwirbt es.
Das TERPODION tritt nach diesem Triumph immer mehr in den
Hintergrund und verstummt.
Heute ist dieses Instrument vergessen. Es ist nur noch in Museen
zu sehen: London, Brünn, Kopenhagen, Stockholm, Wien, Leipzig
u.a. Städten
Dagegen die MUNDHARMONIKA und HANDHARMONIKA,
die einst der junge geniale Erfinder ins Leben rief, hat weltweit
Verbreitung gefunden. Namentlich der Firma Hohner ist es zu
verdanken, dass diese volkstümlich gewordenen Instrumente zur
Fabrikation in großem Stil gelangt sind.
1848 Familienfoto Friedrich und Sophie Buschmann
im Kreise ihrer zahlreichen Kinder
1852 Tod von Joh. David Buschmann
1858 Silberhochzeit des treuen Ehepaares
1. Oktober 1864 Tod von Friedrich Buschmann
Erst 59jährig stirbt er in Hamburg
Seine hervorragende Persönlichkeit zeichnet sich aus durch
Charakterstärke, unermüdlichen Fleiss und Güte, was auch
die Worte seines Nachrufes zum Ausdruck bringen.
N A C H R U F !
Der mit Lust und Eifer strebte,
Seine Brüder zu erfreu’n,
Der, der Welt zum Segen lebte,
Soll uns unvergeßlich sein.
Sein Gedächtnis bleib‘ und daure!
Seine Nachwelt klag‘ und traure!
Wo sein Grab ist, meine dann,
Wer, was gut ist, schätzen kann.
Meinem und seine Kunst verehrenden Freunde
C. F. L. Buschmann,
gewidmet von: H. H.
Quelle: Friedrichroda |